Wie „Projekt:Kultur“ entstanden ist

Wie Projekt:Kultur entstanden ist

von Ulrike Kegler

Fragte man die Jugendlichen am Ende ihrer Schulzeit oder vor dem Übergang in die Sekundarstufe 2 nach den herausragenden Erlebnissen an der staatlichen Montessori-Schule Potsdam, sagten sie übereinstimmend:

der Schulhof, die Zeit in der Jugendschule am Schlänitzsee (7. und 8. Jahrgang), die vier Praktika (im Kindergarten in der 7. Klasse, Handwerkspraktikum in 8, Dienstleistung in 9 und frei nach Interesse in der 10. Klasse), das große Theaterprojekt (vier Wochen) in 9 und das Tanzprojekt (zwei Wochen) in der 10. Schulstufe. Einige nannten noch die Freiarbeit und die Projektarbeit, die für sie selbstverständlich gewesen waren.

Unschwer kann man erkennen, dass es genau die Aktivitäten waren, die sich außerhalb von Schule oder ihres bekannten Rahmens abgespielt haben. Dort, wo das alte schulische Belehrungs-Setting aufgehoben worden war, wo alle miteinander etwas geschaffen hatten und / oder wo außerschulische Expertise

(Landwirt:innen, Köche und Köchinnen, Handwerker:innen, bildende Künstler:innen, Schauspieler:innen, Tänzer:innen …) den Lernprozess bereichert hatte, waren Begeisterung und Erinnerung.

Und nicht nur diese Einschätzungen am Ende einer Etappe waren es, die uns vom großen Wert der Projektarbeit für Jugendliche überzeugten. Die oft erstaunlichen Persönlichkeitsentwicklungen und, ja, auch der gesteigerte Leistungswille in den klassischen Schulfächern haben uns für die Projektarbeit eingenommen und zu einer fundamentalen Umgestaltung der Sekundarstufe 1 geführt.

Nicht OBWOHL wir sehr große Zeiträume gänzlich anders gestalteten, erreichten wir ein gutes soziales, akademisches und kreatives Niveau in einer gemischten Schulgemeinschaft, sondern WEIL wir so verlässlich anders und mit außerschulischen Expert:innen zusammen arbeiteten, wurde das Schulklima insgesamt gleichermaßen freundlich und leistungsorientiert.

Und es war nicht nur die Potsdamer Schule, die genau diese Erfahrung machte.

Viele Schulen aus verschiedenen Netzwerken, besonders aus dem Kreis der Schulpreisschulen, der Blick-über-den-Zaun-Schulen, der Gesamtschulen (GGG), und weiterer Schulnetzwerke, die sich aus alten Formen befreien, teilen diese Erfahrungen. Aus tiefer Überzeugung für den Wert und den Ertrag von Projektarbeit hat die Max Brauer Schule in Hamburg die Fächerstruktur aufgelöst und einen großen zeitlichen Anteil stattdessen der Projektarbeit eingeräumt: handlungsorientiert und fächerübergreifend und immer mit Präsentationen verbunden, die den Schüler:innen „Selbst-Wirksamkeit“ ermöglichen.

In vielen Schulen werden kulturelle Aktivitäten immer noch als „add-on“ betrachtet, als freiwillige Zugabe oder fakultativ, je nach Interesse der Jugendlichen. Das Hauptargument gegen außerunterrichtliche Aktivitäten und Projekte bei Lehrer:innen und Eltern ist unverändert: Wie solle man dann den Stoff (!) schaffen, wenn so viel Unterricht ausfalle. So könne man die Prüfungen unmöglich erfolgreich bestehen.

Auch wir hatten diese Ängste und mussten sie um den Preis der Ungewissheit beim ersten Mal überwinden. Das nimmt einem niemand ab, und umso wertvoller und wichtiger ist der Dialog mit den Eltern, mit den „Fach“Kollegen und, nicht zu vergessen, mit den Jugendlichen selber, die zunächst am stärksten den klassischen Unterricht – statt der hochgelobten Alternativen (siehe oben) als am wirkungsvollsten verteidigen.

Alles, was im Gleichschritt „durchgenommen“ wird – der „Stoff“ eben – erfreut sich auch im 21. Jahrhundert noch großer Gläubigkeit. Die Praxis ist in den Schulen (noch) nicht die Königin, sie bekommt aber die meiste konzentrierte Aufmerksamkeit von allen, wenn sie erstmal Raum hat und dann werden die Schülerinnen und Schüler mit der neuen Erfahrung die glühendsten Verfechter  einer neuen kulturellen Lernkultur.

Das genau war unsere Erfahrung, und sie wurde, erstmal etabliert, nie enttäuscht. Gibt man Jugendlichen die Gelegenheit qualitativ hochwertige kulturelle Prozesse zu durchlaufen, verändert das alles. Unter der Anleitung von Spezialist:innen, Menschen also, die ihre Berufung außerhalb und nach der Schule gefunden haben, kann eine profunde Praxis entstehen, die zeitlich begrenzt einen Gegenpol zum schulischen Alltag setzt. Gemeinsam werden Ergebnisse entwickelt, Gegenstände, Präsentationen, Aufführungen, Ausstellungen … die durch sich selbst und im Augenblick überzeugen, nicht erst im Hinblick auf eine vage Zukunft.

Es war also genau diese konkrete Erfahrung und gesättigte Praxis, die dazu führte, im Kuratorium der NEUMAYER STIFTUNG den Vorschlag für ein großes operatives Förderprojekt einzubringen. Was kann Schulen starke Impulse geben? ist eine Frage, die uns in den Förderbereichen Bildung und Erziehung stets beschäftigt. Passt also!

Wir sind davon überzeugt, dass alle Jugendlichen (ganzer Jahrgang) die Chance haben sollten, Praxis und Theorie einmal in einem hochkulturellen Kontext (Expert:innen) zu erleben, einen kreativen Arbeitsprozess zusammen mit ihrer Altersgruppe in aller Ernsthaftigkeit von Anfang bis Ende (zwei Wochen an Stelle des regulären Unterrichts) durchleben zu können, um am Ende eine Erfahrung von Selbstwirksamkeit (Präsentation) gemacht zu haben.

Und wir wissen, dass solche Prozesse an Schulen nur entstehen können, wenn der Schulleiter, die Schulleiterin voll und ganz hinter dieser Arbeit steht, wenn sie die Expert:innen ermächtigen und zusammen mit ihren Lehrer:innen deren neue und herausfordernde pädagogische Begleitaufgabe definieren. Das erfordert Enthusiasmus und Hartnäckigkeit!  (Projektverantwortung Schulleiter:in)

Das Kuratorium der NEUMAYER STIFTUNG, besetzt mit Menschen, die in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen Verantwortung tragen oder getragen haben und, wahrscheinlich gerade deswegen, offen sind für überfällige Innovationen in Schule, Bildung und Erziehung, war und ist begeistert von den Implikationen und den ersten Ergebnissen von Projekt:Kultur. Vorstand, Projektleitung und Entwicklerinnen arbeiten mit Freude und freiem Geist für Veränderungen und Anpassungen im Verlauf dieses Großprojekts. Genau wie in den Projekten an den Schulen geht es auch hier darum, genau wahrzunehmen, ob die Prozesse und deren Leitlinien sinnvoll sind oder angepasst werden müssen, ob Erfolg und Hindernisse in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.

Das Projekt:Kultur ist auch ein Wagnis und ein Prozess, entstanden aus der konkreten Praxis an Schulen und nun Dank der Förderung als Stiftungsprojekt durch die NEUMAYER STIFTUNG groß gemacht für viele Schulen.

Darüber freuen wir uns sehr und sind mit Enthusiasmus und Hartnäckigkeit dabei.

 

 

 

 

 

 

Staatssekretärin besucht die NEUMAYER HÄUSER

Staatssekretärin und Landtagsabgeordnete Sandra Boser besucht die NEUMAYER HÄUSER in Hausach

Im Rahmen des Gemeindebesuchs in Hausach besichtigte Staatssekretärin Sandra Boser gemeinsam mit den Amtsleitern der Stadtverwaltung und Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderats der Stadt Hausach die NEUMAYER HÄUSER.
Projektkoordinatorin Jennifer Schmid gab zusammen mit Architekt Benjamin Schmider inhaltliche als auch bauliche Einblicke in das solidarisch-soziale Wohnmodell.

Die NEUMAYER STIFTUNG schafft mit sozialpädagogischer Unterstützung des Diakonischen Werk Ortenau bezahlbaren Wohn- und Lebensraum für Menschen mit besonderen sozialen Herausforderungen. Das Programm ist ein Wohnangebot als Übergangshilfe und soll Menschen in jedem Alter und in allen möglichen Lebenssituationen als Stabilisierungsphase dienen. Auf insgesamt 1233 m2 Wohnfläche wird bezahlbarer Wohnraum für Menschen in herausfordernden Situationen geschaffen, die durch den Mangel an bezahlbarem Wohnraum eine Reihe von Folgeproblemen erleiden.

Drei Punkthäuser sind mit einem Laubengang verbunden und schaffen Zugang zu den 19 Wohneinheiten, die in Größe und Zuschnitt variieren. Für besonders energieeffizientes und generationenübergreifendes Wohnen mit guter Verkehrsanbindung wurden vorwiegend lokale Fachplaner und Gewerke beauftragt.

Daneben stehen den zukünftigen Mieterinnen und Mietern auch Gemeinschaftsräume für gemeinsame Aktivitäten zur Verfügung. Die sozialpädagogische Begleitung ist essenzieller Bestandteil der NEUMAYER HÄUSER. Dazu zählt die enge Vernetzung mit den sozialen Einrichtungen, Vereinen und Gruppierungen im Kinzigtal. Die NEUMAYER STIFTUNG wird mit einem Stiftungsbüro in den NEUMAYER HÄUSERN vertreten sein.

Der Bau der NEUMAYER HÄUSER liegt im Zeit- und Kostenplan, sodass die ersten Wohnungen zum Sommer 2023 an die ersten Mietenden vergeben werden können.
Wie groß der Bedarf an bezahlbaren Wohnraum ist, verdeutlicht die hohe Anzahl der eingegangenen Bewerbungen. Bereits in der ersten Ausschreibungsrunde wurden auf die vier ausgeschriebenen Wohnungen über 30 Bewerbungen durch die örtlichen Wohlfahrtsverbände eingereicht. Nur diese können Mieterinnen und Mieter vorschlagen. Man werde jedoch nicht alle Wohnungen auf einmal belegen, sondern sich Zeit bei der Belegung lassen. Es werden zudem weitere Ausschreibungsrunden erfolgen.

Zum ausführlichen Pressebericht im Offenburger Tagblatt gelangen Sie hier:

https://www.bo.de/lokales/kinzigtal/erste-wohnungen-bald-fertig

 

 

Gaildorf: KIFA nimmt Fahrt auf

Gaildorf: KIFA nimmt Fahrt auf

Auch in Gaildorf haben sich zwei Einrichtungen in Trägerschaft der Evangelischen Kirchengemeinde Gaildorf und Münster dem Programm angeschlossen: das Kinderhaus Kunterbunt in Unterrot unter der Leitung von Reinhild Seeger und der Schlosskindergarten in Gaildorf unter der Leitung von Brigitte Fiedler. Angestoßen wurde das Projekt von Katja Karle, stellvertretende Leiterin des Kinderhauses Kunterbunt: „Auf KIFA bin ich durch meine frühere Arbeitsstelle in einer Kindertagesstätte der Stadt Schwäbisch Hall aufmerksam geworden“, berichtet Karle. Sie habe also schon miterlebt, dass KIFA funktionieren kann.

In beiden Einrichtungen konn-te jeweils eine Mutter als Elternmentorin, die die Gruppe leitet, gewonnen werden. Esra Özcetin wurde von Katja Karle auf das Programm angesprochen. „Ich habe es mir lange überlegt“, er-zählt die 29-jährige Beamtin aus Unterrot. Das Konzept habe sie am Ende doch überzeugt. Die Qualifizierung fand im Herbst im virtuellen Raum statt. „Uns wurden zum Beispiel Methoden im Umgang mit Menschen vorgestellt und gezeigt, wie wir das erste Treffen gestalten können“, beschreibt die Mutter einer vierjährigen Tochter. Im März erwartet sie ihr zweites Kind. Für das Kennenlern-Treffen in Unterrot seien bewusst Frauen angesprochen worden, die seither noch nicht so gut vernetzt waren. Nach dem positiven Feedback fand vor Weihnachten ein zweites Treffen statt. Künftig will sich die Gruppe voraussichtlich im zweiwöchigen Rhythmus treffen.

Stephanie Söllner nahm für den Schlosskindergarten an der Fortbildung teil. „Ich fand das ganze Konzept sehr interessant und auch die Qualifizierung hat sehr viel Spaß gemacht“, schreibt sie auf Nachfrage unserer Zei-tung. Die 36-jährige Hausfrau hat zwei Kinder im Alter von zehn und fünf Jahren. Am heutigen Freitag findet das erste reguläre Treffen im Schlosskindergarten statt. Wie viele Frauen es sein werden, weiß Stephanie Söllner noch nicht. „Ich freue mich auf regen Austausch mit den Müttern.“

Die Rahmenbedingungen, um das Angebot der Stiftung zu erfüllen, können auch andere Kindertageseinrichtungen in Gail- dorf abdecken, schreibt Claudia Hohloch, pädagogische Leiterin des Sachgebiets Bildung und Betreuung. Es sei gut vorstellbar, dass weitere Einrichtungen auf das Angebot zurückgreifen, so Hohloch.

(Auszug aus der Gaildorfer Rundschau, Verena Köger)

Engagierte KIFA-Tandems qualifizieren sich

Engagierte KIFA-Tandems qualifizieren sich

Seit Oktober treffen sich engagierte Mütter und päd. Fachkräfte im Rahmen der virtuellen KIFA-Qualifizierung. Gemeinsam mit den Regionalleitungen der NEUMAYER STIFTUNG erarbeiten sie sich einen Methodenkoffer zur Umsetzung von KIFA in ihren Kindertageseinrichtungen. Mütter qualifizieren sich dabei zu Mentorinnen, die vor Ort dann regelmäßige KIFA-Treffen für Mütter vorbereiten und moderieren. Unterstützt werden sie in der Vor- und Nachbereitung von ihrer Tandempartnerin, der KIFA-Fachkraft. Auch in diesem Jahr engagieren sich viele Frauen für diese wunderbare Sache: einen vertrauten Rahmen schaffen für den Austausch unter Müttern – zur Stärkung ihrer Ressourcen und zur Stärkung ihrer Kinder.

„Kulturarbeit an Schulen“ startet in die zweite Runde

„Kulturarbeit an Schulen“ startet in die zweite Runde

Insgesamt dreizehn Schulen aus neun deutschen Bundesländern und eine Schule aus Österreich hat die Jury der NEUMAYER STIFTUNG für den zweiten Pilot-Jahrgang des Programms „Kulturarbeit an Schulen“ ausgewählt.
Am vergangenen Montag waren diese geladen zum Auftakt-Workshop an der Gastgeberschule „Georg-Christoph-Lichtenberg“ in Ober-Ramstadt und präsentierten in einer „flying exhibition“ ihre Vorhaben für ein innovatives Kulturprojekt. Jede der Schulen setzt mit Unterstützung der NEUMAYER STIFTUNG und mit einem ganzen Jahrgang ein eigenes Kulturprojekt um. Und die Vorhaben sind so vielfältig wie die Schulen selbst: es werden Filme gedreht und selbst geschnitten, es wird getanzt, Theater gespielt, Kalligraphie erlernt, gekocht, eigene Schulmöbel gebaut, Bühnenbilder umgesetzt und vieles mehr. Der weit gefasste Kulturbegriff ist eines der wichtigen Merkmale des Programms. Die Georg-Christoph-Lichtenberg-Schule, die als Gastgeberin den neuen Jahrgang begrüßte, hat selbst im letzten Durchgang des Programms ein handwerkliches Projekt mit Schülerinnen und Schülern der achten Jahrgangsstufe realisiert.
Das Konzept hinter „Kulturarbeit an Schulen“ ist simpel – die NEUMAYER STIFTUNG fördert im Rahmen des Programms Ideen für kulturelle Bildung an Schulen aller Schularten der Sekundarstufe I. Die Schulen suchen sich dafür externe Expertinnen und Experten, die das Projekt im Zeitraum von mindestens zwei Wochen am Stück an den Schulen umsetzen.

Erst in der zurückliegenden Woche hatte die Abschlussveranstaltung des letzten Jahrgangs stattgefunden und die Präsentation dessen, was in den „Kulturwerkstätten“ entstanden ist, überwältigte alle Anwesenden Schulleiter*innen, Lehrkräfte und Projektbeteiligten gleichermaßen.
„Wir hätten nie gedacht, dass es so groß werden würde. Es gab Zeiten, in denen wir dachten, wir schaffen es nicht mehr und es ist außer Kontrolle geraten. Aber am Ende ist in der gemeinsamen Anstrengung etwas entstanden, das die ganze Schule mitgerissen hat“, berichtet eine Schulleiterin. Ein anderer Teilnehmer beschreibt, wie er durch den Projektunterricht gelernt hat, dass die Schülerinnen und Schüler beim praktischen und kreativen Erarbeiten einer Aufgabe sehr viel konzentrierter und mit erstaunlichen Ergebnissen arbeiten – und wie er diese Erkenntnis ab jetzt auch in seinen Fachunterricht einfließen lässt.

Auch über Herausforderungen und Hindernisse der Schulen wurde diskutiert, denn nicht alle haben die gleichen Voraussetzungen und es erfordert auch einiges an Überzeugungskraft, zwei Wochen lang „Kultur zu machen“, anstatt des Regelunterrichts. Das Programm möchte gezielt Schulen aller Schulformen ansprechen und mitunter auch zum Austausch untereinander motivieren. Dass sich das lohnt, das kann man bei aller Verschiedenheit der Schulen und der umgesetzten Projekte als einstimmigen Konsens der Teilnehmerinnen und Teilnehmer heraushören.
Mit diesem Schwung startet nun der zweite Pilotjahrgang und wir sind schon sehr gespannt, welche Effekte „zwei Wochen Kultur“ an den diesjährigen Teilnehmer-Schulen haben wird.